„Europa – Vieles ist selbstverständlich und trotzdem so unverständlich.“

Thomas Ellerbeck, Vorsitzender des Kuratoriums der TUI Stiftung, im Gespräch mit dem Nachrichtendienst für Tourismuswirtschaft „travel tribune“  über die Neuausrichtung der TUI Stiftung

travel tribune: Die TUI-Stiftung hat gerade Peter Maffay und Susanne Porsche in das Kuratorium berufen. Warum?

Thomas Ellerbeck: Die Stiftung ist in einer Phase der Neupositionierung und wir wollen mit ihr internationaler werden. Unser Stifter hat starke Wurzeln in Europa. Das soll sich auch in der Arbeit und in den Projekten der Stiftung stärker widerspiegeln. 2013 haben wir auch den Wandel von einer fördernden Organisation, die Geld für Projekte Dritter bereitstellt, hin zu einer fördernd-operativen Stiftung eingeleitet. Das heißt, sie initiiert und betreut heute auch eigene Initiativen und arbeitet inhaltlich. Wir holen nun zusätzliche Kompetenz von außen in das Kuratorium und wir wollen auch unsere Unabhängigkeit deutlich machen. Das stärkt die Glaubwürdigkeit – insbesondere bei unterehmensverbundenen Stiftungen. Deswegen haben wir – im Einvernehmen mit der Stiftungsaufsicht, dem Land Niedersachsen – beschlossen, das Kuratorium zu erweitern.

travel tribune: Und warum fiel die Wahl auf die beiden?

Thomas Ellerbeck:  Sowohl Peter Maffay als auch Susanne Porsche sind beide überzeugte Europäer mit langjähriger Erfahrung im Ehrenamt. Bei Peter Maffay denken wir natürlich an Tabaluga und seine Peter Maffay Stiftung. Susanne Porsche hat unter anderem den renommierten Deutschen Lehrerpreis ins Leben gerufen. Beide engagieren sich für junge Menschen und für bessere Bildungschancen und beide wissen um die Bedeutung eines starken Europas für unsere Zukunft. Damit passen sie sehr gut zur TUI Stiftung und vertreten glaubwürdig unsere Ziele.

travel tribune: Welche sind das?

Thomas Ellerbeck: Wir müssen die europäische Idee besser und verständlicher erklären. Sie ist größer als Rechnungen in Euro und Cent. Momentan reduzieren viele Europa auf Rettungsschirme, Krisen und manch bürokratische Idee der europäischen Behörden. Europa ist das Fundament für viele Bereiche unseres Lebens. Kinder und Jugendliche kennen nur ein Europa in Freiheit und ohne Grenzen. Vieles ist selbstverständlich und trotzdem so unverständlich. Unser Ziel ist, zu informieren, den Erfahrungsaustausch zu staerken und die Chancengleichheit von jungen Menschen in den Ländern der Europäischen Union zu verbessern. Entsprechend fördert die Stiftung Projekte rund um das Thema „Junges Europa“ mit den Schwerpunkten Bildung, Ausbildung sowie individuelle und berufliche Entwicklung.

travel tribune: Arbeiten Herr Maffay und Frau Porsche ehrenamtlich für Ihre Stiftung?

Thomas Ellerbeck:  Ja, so wie alle anderen Mitglieder des Kuratoriums auch.

travel tribune: Welchen Einfluss übt TUI dabei aus?

Thomas Ellerbeck:  Der TUI Konzern fühlt sich der Stiftung verbunden. Immerhin war Preussag als Vorgänger-Unternehmen der Stifter. Aber die Stiftung arbeitet inhaltlich unabhängig vom Stifter, verwaltet ihr Vermögen selbstständig und ist den bei der Gründung formulierten Zielen verpflichtet – das ist der Kern des deutschen Stiftungswesens. Die Zusammensetzung des Kuratoriums garantiert die Unabhängigkeit: Neben je zwei Vertretern der Unternehmensleitung und der Arbeitnehmervertreter sitzen jetzt drei unternehmensfremde Mitglieder im Gremium. Und mit der Erweiterung auf zehn Mitglieder werden es sogar sechs sein.

travel tribune: Wer entscheidet eigentlich über die Programme, die unterstützt werden?

Thomas Ellerbeck: Das Kuratorium – im Rahmen des bei der Gründung festgelegten Stiftungszweckes.

travel tribune: Und gibt es Projekte, die Ihnen persönlich besonders am Herzen liegen?

Thomas Ellerbeck: Eines ist das Programm „Europa Verstehen“, das wir im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit der Schwarzkopf-Stiftung gestartet haben. Ziel ist es, jungen Menschen Europa näher zu bringen – in Form von Kompaktkursen mit gleichaltrigen Trainern. Seit September letzten Jahres haben wir in Hamburg Kurse für über 750 Schüler veranstaltet, bis Ende 2017 wollen wir 2500 Schüler erreicht haben. Das Projekt ist so erfolgreich, dass wir im Kuratorium gerade beschlossen haben, es auf Spanien und die Niederlande auszuweiten. Wir freuen uns sehr darauf. Spanien hat weiter eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Da ist es wichtig der jungen Generationen Perspektiven aufzuzeigen.

travel tribune: Und das andere?

Thomas Ellerbeck: Beschäftigt sich mit der Frage der Integration von Flüchtlingen – auch dies ist ja eine große europäisches Herausforderung. Hier arbeiten wir mit der Deutschlandstiftung Integration im Projekt „Ich spreche deutsch“ zusammen und haben Sprachkurse für 120 Flüchtlinge organisiert. Ein weiterer Kurs – ebenfalls mit 120 Teilnehmern – ist bereits angelaufen. Es sind 50 freiwillige Lehrer aus dem Kreis der TUI-Mitarbeiter, die sich auf einen Aufruf hin gemeldet hatten und nach Schulung durch das Goethe-Institut– ehrenamtlich und in ihrer Freizeit – die Flüchtlinge unterrichteten. Außerdem wurden als zweite Säule des Projekts über 30.000 Flüchtlinge mit einem Deutsch-Lehrbuch versorgt, das sie beim Erlernen der Sprache unterstützt.

travel tribune: Wie viel Geld steht Ihnen für Ihre Arbeit zur Verfügung?

Thomas Ellerbeck: Bei der Gründung wurde der Stiftung ein Kapital in Höhe 20 Millionen DM zur Verfügung gestellt, heute beträgt das Stiftungskapital 12,5 Millionen Euro. Das ist jedoch ein Grundstockvermögen, das wir wie andere Stiftungen nicht antasten dürfen. Wir legen es an und mit den Erträgen aus dieser Anlage finanzieren wir unsere Arbeit. Das ist im Jahr ein Betrag im mittleren sechsstelligen Bereich.

travel tribune: Was geht dabei an die Verwaltung?

Thomas Ellerbeck: Gar nichts. Die Verwaltungs- und Personalkosten übernimmt als Spende die TUI AG. Das ist ein zusätzlicher Beitrag unseres Stifters, der TUI Group.

travel tribune: Und akquirieren Sie darüber hinaus für bestimmte Projekte noch Geld?

Thomas Ellerbeck: Nein, die Finanzierung geschieht heute aus den Erträgen, wobei wir ja oft mit anderen Stiftungen zusammenarbeiten, die ihrerseits Geldmittel in die Projekte einbringen. Für die Zukunft schließe ich das aber nicht aus. Stiftungen sollten wo immer möglich miteinander kooperieren, wenn es so gelingt, eine gute Idee groß werden zu lassen.